Der Gott des Gemetzels
Schauspiel Leipzig
Yasmina Reza lässt den Lack der Zivilisation Schicht für Schicht abplatzen und uns dabei einen unterhaltsamen Blick in menschliche Abgründe werfen.
Ein Pharma-Anwalt und eine Vermögensberaterin, eine Autorin mit Afrika-Schwerpunkt und ein Sanitärhändler: Wann begegnen sich zwei solch gegensätzliche Paare? Selten. Haben sie irgendetwas gemeinsam? Nein. Es sei denn, beide Paare haben Kinder, die in ein und dieselbe Schule gehen. Dann kann es tatsächlich passieren, dass sie einen Nachmittag miteinander verbringen müssen. Weil die Söhne sich geprügelt haben und dabei der eine dem anderen zwei Zähne ausgeschlagen hat, treffen sich die Eltern zur gütlichen Einigung im Geiste des gewaltfreien Diskurses. Aber was als Leistungsschau toleranter Großstädter beginnt, entwickelt sich zur Zimmerschlacht, bei der die Eltern ihre Söhne locker in den Schatten stellen.
Dass der Lack der Zivilisation manchmal dünn sein kann, ist bekannt – aber wie Yasmina Reza diesen Lack Schicht für Schicht quasi in unser aller Nachbarschaft abplatzen lässt, ist maximal unterhaltsam, sorgt seit seiner Uraufführung 2006 weltweit für ausverkaufte Schauspielhäuser und wurde in Starbesetzung von Roman Polanski verfilmt. Enrico Lübbe inszeniert den Blick in die Abgründe menschlicher Zivilisation intelligent und präzise als tragikomische Farce. Sein hervorragend besetztes Schauspielquartett lässt das mit satirischen Pointen gespickte Dialogfeuerwerk zuverlässig zünden.
Spieldauer: 2 Std.