Übersetzt in Streichersprache
Alban Gerhardt präsentiert Schumanns Cellokonzert mit dem Stuttgarter Kammerorchester
Alban Gerhardt wurde 1969 als Sohn musikalischer Eltern geboren. Für das Cello hat er sich erst nach seinem 20. Geburtstag entschieden, da er bis dahin auch als Pianist zahlreiche Wettbewerbe gewonnen hatte. Nach seinem Debüt bei den Berliner Philharmonikern 1991 etablierte er sich als einer der führenden Cellisten seiner Generation. Sein weitgefächertes Repertoire umfasst auch zeitgenössische Werke. Unter anderem haben Brett Dean, Jörg Widmann, Unsuk Chin und Matthias Pintscher Solokonzerte für ihn komponiert.
Nun präsentiert Gerhardt mit dem Stuttgarter Kammerorchester unter der Leitung von Thomas Zehetmair Robert Schumanns Cellokonzert a-Moll. Vorab erklingt die »Symphonic Elegy« für Streichorchester von Ernst Krenek. Das kurze Stück ist 1946 im amerikanischen Exil entstanden, nachdem Krenek vom tragischen Tod seines ehemaligen Wiener Mentors und Freundes Anton Webern erfahren hatte. Im September 1945 war dieser von einem amerikanischen Besatzungssoldaten versehentlich erschossen worden. Am Ende des Konzerts steht Franz Schuberts bekanntes Streichquartett »Der Tod und das Mädchen« in einer Fassung für Streichorchester.
Schumanns Cellokonzert op. 129 gehört zu den ersten Werken, die der Komponist 1850 als neuer Musikdirektor in Düsseldorf anging. Im September war er dort als Nachfolger seines Freundes Ferdinand Hiller eingetroffen. Schon Ende Oktober, also noch vor der Arbeit an seiner 3. Sinfonie, stellte er die Instrumentierung fertig. Mit der Bezeichnung »Concertstück« nahm er bewusst Abstand vom Typ des im ersten Drittel des Jahrhunderts beliebt gewordenen Virtuosenkonzerts in der Art entsprechender Werke von Bernhard Romberg.
An dem so schwungvoll begonnenen Werk dürfte Schumann aber noch bis kurz vor seinem Selbstmordversuch und seiner Einlieferung in die Endenicher Heilanstalt gefeilt haben, denn das Werk erschien erst 1854 im Druck. Es weist drei miteinander verbundene Abschnitte auf, deren thematische Verklammerung durch Zitate aus dem ersten und zweiten Teil in der Überleitung zum dritten noch verstärkt wird. Die traditionelle Solokadenz im Anfangsteil ist einem bis zum Schluss durchgehaltenen romantischen Erzählton geopfert. Erst gegen Ende kommt es zum konzertanten Wechselspiel von Solist und Orchester, das sich vorher begleitend hinter Kantilenen oder rezitativischen Passagen des Violoncellos zurückhält. Der Geiger und Komponist Bernhard Jestl hat Schumanns op. 129 auf Anregung des Cellisten Daniel Müller-Schott für Streichorchester bearbeitet. Er sieht zwar generell in diesem Bereich Grenzen, hält aber nichts von puristischen Standpunkten. Seine Transkription soll lediglich Aufführungen des Stücks mit Kammerorchestern ermöglichen, denen oft keine Bläser zur Verfügung stehen.
Bei Schumanns Cellokonzert hält Jestl, dem als Orchestermusiker das Original bestens vertraut ist, eine Streicherbearbeitung durchaus für tauglich, da Bläser hier keine tragende Rolle spielen und selten solistisch hervortreten. Oft sind sie mit Streichern geführt oder pausieren gar. Trompeten, Hörner und Posaunen haben zudem keine spezifisch fanfarenartigen Aufgaben, sind also ebenfalls durch Streicher ersetzbar. Ob Schumann eine solche pragmatische Version gebilligt hätte, muss freilich offen bleiben.
Werner M. Grimmel