Mai 2023

PREVIEW SPIELZEIT 2023/2024

Im Fokus Kunst: Das 19. Jahrhundert

Staunen ist Teil des Programms

Facettenreich, schillernd, widersprüchlich – das 19. Jahrhundert ist eine Zeit, die sich nicht mit ein paar Begriffen erfassen lässt. Gerade deshalb ist es reizvoll, im Fokus Kunst den Blick aufs Detail zu richten. Aha-Erlebnisse sind dabei fest eingeplant. Michael Wenger verrät vorab, worauf man sich freuen darf.

Herr Wenger: „Das 19. Jahrhundert“ lautet kurz und bündig das Fokusthema der neuen Saison. Inhaltlich ist diese Zeit alles andere als leicht überschaubar.
Michael Wenger: Ja, aber gerade das macht den Reiz aus. Ich wollte nicht einfach die Romantik, den Historismus oder den Klassizismus in den Mittelpunkt stellen, sondern die Zeit, die all diese unterschiedlichen Stile hervorbringt. Gerade die Heterogenität macht das Jahrhundert so spannend.

Das vorhergehende Jahrhundert endet für Europa ja sehr markant mit der
Französischen Revolution und dem daran anschließenden Aufstieg Napoleons ...
Genau, das 19. Jahrhundert fällt natürlich nicht vom Himmel, sondern speist sich aus den letzten zwanzig Jahren des 18. Jahrhunderts. Es beginnt mit einem Paradigmenwechsel. Die Aristokratie als tonangebende Schicht wird zunehmend vom Bürgertum verdrängt. Im bürgerlichen Zeitalter, das nun anbricht, will der dritte Stand politisch partizipieren. Essentielle Grundlagen des staatlichen Selbstverständnisses entstehen in dieser Zeit.

Gilt das auch für die Kultur?
Und ob! Wir erleben zu Beginn des Jahrhunderts die Befreiung der Künste. Der Geniekult erfährt in dieser Zeit ungeahnte Ausmaße. Die Stile driften auseinander – und dabei geht es nicht nur um den persönlichen Geschmack. Die Klassizisten vertreten eine völlig andere Position als die Romantiker. Das bedeutet: Ein Bauherr des frühen 19. Jahrhunderts bezieht mit der Wahl des Stils automatisch Stellung: Wenn also ein Graf von Württemberg sein Schloss neugotisch baut, macht er damit eine Aussage – das gilt natürlich auch umgekehrt, wenn man sich für den Klassizismus entscheidet.

Wie geht es im Verlauf des Jahrhunderts weiter?
Es wird sogar noch komplexer. Das äußert sich auch in einem zunehmenden Individualismus. Vieles entsteht aus einer Opposition heraus. Mit der Industrialisierung übernimmt der Mammon zunehmend die Macht, parallel wächst der Wunsch nach Verklärung und Kostümierung. Wohlhabende Bürgerliche bauen sich nun Schlösser und Villen in unterschiedlichen Stilen, um der alteingesessenen Aristokratie paroli zu bieten. Die volle Bedeutung solcher Eigenheiten erkennt man aber nur, wenn man das ganze Jahrhundert in den Blick nimmt. Das 19. Jahrhundert stellt maßgeblich die Weichen für unsere Zeit. Das gilt sowohl wirtschaftlich wie auch politisch und kulturell.

Bei den Kunstreisen wählen Sie ja stets Orte, die die Fokus-Themen auf besondere Weise repräsentieren. Was haben Sie diesmal ausgesucht?
Beim Thema 19. Jahrhundert darf natürlich Paris nicht fehlen. Zum einen haben wir dort das Second Empire mit Napoleon III. und Eugenie, zum anderen die Belle Époque, die in all ihren Erscheinungen für das 19. Jahrhundert prägend wird. Diese Reise leitet Dr. Rita E. Täuber. Die zweite Stadt ist vielleicht für manche eine Überraschung, weil sie in der Regel mit dem Barock assoziiert wird: Es ist Dresden. Wir begegnen im Albertinum der Romantik mit Caspar David Friedrich in einer glanzvollen Sonderausstellung – gottvoll! Spannend ist auch, dass die Stadt, die im 19. Jahrhundert politisch an Bedeutung verliert, das baulich wieder wettmacht. Der bahnbrechende Architekt ist hier Gottfried Semper. Diese Reise leite ich selbst.
   
Und die dritte Stadt?
Das ist Hamburg – die Hauptstadt des bürgerlichen Selbstverständnisses. Denken Sie nur an das Rathaus! Viele süddeutsche Adlige standen voller Neid vor diesem Prachtbau, neben dem ihr Schlösschen verschwindet. Das neue Selbstverständnis zeigt sich auch in der Architektur der Kunsthalle, dem Kunstgewerbemuseum und nicht zuletzt den bürgerlichen Villen an der Elbe. Diesem Thema nimmt sich die Kunsthistorikerin Sabine Bügler an.

Wie sieht es denn mit den Kunsttagen aus?
Bestens! Es gibt eine Drei-Burgen-Fahrt, die das unterschiedliche Burgen-Verständnis der Zeit im Zusammenhang an einem Tag darstellt. Die drei Beispiele sind: Der Lichtenstein, der Hohenzollern und Schloss Sigmaringen. Schon der Lichtenstein ist einzigartig – eine Burg, die der Vorlage eines Romans nachgebildet wurde! Das ist im Grunde die „virtual Reality“ des 19. Jahrhunderts. Hierfür haben wir den Spezialisten Ulrich Feldhahn gewonnen.

Die Kunsterlebnisse haben ja eine Tendenz zum Außergewöhnlichen. Ist das auch diesmal so?
Und ob! Wir haben ein tolles Kunsterlebnis zum Thema Mode. Schauplatz ist die Staatsgalerie. Dort werden Kleider, die auf den Bildern zu sehen sind, real nachgeschneidert präsentiert. Die Führung macht Dr. Sabine Rathgeb, die eine ausgewiesene Expertin auf diesem Gebiet ist. Das zweite Kunsterlebnis führt zu den Festspielen nach Wildbad. Wir besichtigen das Theater und schauen uns danach eine Oper von Rossini an – eine wirklich gelungene Kombination! Die Führung machen die TheaterexpertInnen Prof. Dr. Klaus Jan Philipp und Dr. Susanne Grötz.

Welche Veranstaltungen aus dem Kunst-Abo stehen denn unter dem Stern des 19. Jahrhunderts?
Eine Menge. Ich möchte sogar sagen: So viel Fokus gab es noch nie. Wir haben sogar eine Veranstaltung zum Mitmachen: Einen Quellenworkshop im Stadtarchiv zur Armutswanderung aus Württemberg.

Gibt es etwas, worüber Sie sich als Koordinator des Fokus Kunst besonders freuen?
Ja, auf die München-Trilogie. Wir verlegen drei Veranstaltungen aus dem Kunst-Abo einfach nach München. Die Bandbreite ist fantastisch – die Leute werden staunen. Auf dem Programm steht ein Besuch im größten Stadtmuseum Deutschlands mit dem Schwerpunkt bürgerliche Selbstfindung. Im Lenbachhaus geht es dann um die Münchner Kunstszene rund um den „Malerfürsten“ Franz von Lenbach. Eine dritte Veranstaltung führt unter dem Titel „Das 19. Jahrhundert privat“ in die Schackgalerie.  

Welche Themen könnten denn sonst noch für Staunen sorgen?
Eine Führung wirft ein neues Licht auf Carl Spitzweg, eine andere beschäftigt sich mit dem „Flaneur“ als Phänomen der werdenden Großstadt. Wir haben auch eine Veranstaltung zum Thema Kitsch – auch ein Phänomen des 19. Jahrhunderts. Nicht fehlen dürfen natürlich die vier höchst unterschiedlichen Württembergischen Könige, die alle in diesem Jahrhundert gelebt haben. Die Vielfalt und Heterogenität des Jahrhunderts wird also in den Themen illustriert.

Zusätzlich zu diesem Fokusthema solle es noch ein Extraprogramm geben. Was hat es denn damit auf sich?
Wir planen aktuell ein Sonderthema mit dem Titel „Queer“. Die Kulturgemeinschaft hat sich ja in ihren Statuten das Ziel gesetzt, bewusst gegen Rassismus und Diskriminierung vorzugehen. Ich verrate schon einmal so viel: Es wird mitreißend!
 
Die Fragen stellte Angelika Brunke

Das neue Jahresprogramm Spielzeit 2023/2024 der Kulturgemeinschaft erscheint am Mitte Juli 2023.

 

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