Hornmoldhaus
Fachwerkjuwel und Stadtmuseum von Bietigheim-Bissingen
Benannt nach seinem Erbauer Sebastian Hornmold (1500-1581) trägt das stattliche Fachwerkgebäude in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bietigheimer Rathaus den Namen „Hornmoldhaus“. Seit 1989 beherbergt es die stadthistorische Sammlung der Stadt Bietigheim-Bissingen und präsentiert in der ständigen Ausstellung Exponate von der Steinzeit, übers Mittelalter und die Renaissance bis in die Neuzeit. Funde vom römischen Gutshof, aus alemannischen Gräbern und von der Bietigheimer Burg sind genauso vertreten wie Renaissance-Möbel und Exponate zur Fachwerkbautechnik und zur Flößerei. Auch das aufwendig gestaltete Stadtmodell gibt Einblicke in das Leben und die Kultur vergangener Zeiten. Laufend wechselnde Sonderausstellungen zu kulturhistorischen Themen runden das Angebot ab und beleuchten unterschiedliche Aspekte der Stadt-, Kultur- und Alltagsgeschichte. Als besonderes Highlight gilt sicherlich das „Erwin-von-Baelz-Kabinett“, in dem Geschenke des japanischen Kaiserhauses ausgestellt sind, die der Bietigheimer Arzt Erwin von Baelz (1849-1913) im Jahr 1905 aus Japan mitbrachte. Er lebte rund 29 Jahre in Japan, war als Professor und Arzt tätig und trug circa 6.000 Objekte von japanischen Künstlern und Kunsthandwerkern zusammen, die sich heute zum Großteil im Lindenmuseum in Stuttgart befinden. Er prägte nicht nur das Medizinsystem in Japan durch westliche Einflüsse, sondern erkannte auch die dortigen Heilmethoden und beispielweise die positive Wirkungsweise der heißen Quellen an. Als Leibarzt des Kaiserhauses war er hoch anerkannt. Bis heute reist die kaiserliche Familie zum Kuren in die Bäderstadt Kusatsu, die seit 60 Jahren eine Städtepartnerschaft mit Bietigheim – der Geburtsstadt von Erwin von Baelz – pflegt.
Hauptexponat des Stadtmuseums ist allerdings das Hornmoldhaus selbst. Es wurde 1536 von Sebastian Hornmold d. Ä. erbaut, der sich als Stadtschreiber, Weinhändler, Vogt und als Kirchenratsdirektor des württembergischen Herzogs einen Namen gemacht hatte. Er ließ das Gebäude mit prächtigen Wand- und Deckenmalereien ausgestalten. Im Flur des Zweiten Obergeschosses wurde das Wappen der württembergischen Herzöge angebracht und direkt gegenüber befindet sich das Familienwappen Hornmolds. Medaillons, Ranken, Fratzen, Portale und Inschriften belegen seinen Kunstgeschmack und seine einflussreiche Stellung. Auch Sebastian Hornmolds Nachfahren sorgten bis ins 17. Jahrhundert für kunstvolle Malereien und Steinmetzarbeiten, z.B. in der Sommerstube und am Hauptportal von 1625. Vor allem die Sommerstube im rückwärtigen Gebäudeteil, der direkt auf der Stadtmauer aufsitzt, ist ein besonderes Juwel. An den Wänden sind in Grisaille-Technik Szenen aus der Bibel dargestellt sowie ein Konfessionsbild, wie es in protestantischen Kreisen beliebt war. Gemalte Balustraden im oberen Bereich erzeugen einen luftigen Raumeindruck und an der Decke sind zwei Vexierbilder zu sehen, wie man sie von Spottmedaillen gegen die katholische Kirche aus der Zeit der Reformation kennt.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg begann der allmähliche Niedergang und der eindrucksvolle Gebäudekomplex fiel in eine Art „Dornröschenschlaf“. Im Erdgeschoss zog eine Bäckerei ein und in den oberen Etagen befanden sich mehrere Mietwohnungen. Das Fachwerk der Außenfassade wurde verputzt, die Wände und Decken verschwanden unter Lehmschichten und Tapeten. Das Wissen über die ursprüngliche Bedeutung des Gebäudes und der Bewohner ging allmählich verloren und der Putz begann zu bröckeln.
So kommt es einem Wunder gleich, dass der baufällige Fachwerkbau in den 1970er Jahren nicht abgerissen wurde. Spitz auf Knopf stand es um das Hornmoldhaus, denn es sollte einem Erweiterungsbau für das Rathaus weichen. Engagierte Bürgerinnen und Bürger setzen sich für den Erhalt ein und im Laufe der Sanierung wurden die herausragenden Malereien entdeckt, die ihres gleichen suchen. Bemalungen dieser Art in einem Bürgerhaus waren damals auch für das Denkmalamt ein Novum und so gilt die Sanierung des Hornmoldhauses durchaus auch als Meilenstein für die Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Gut erkennbar sind bis heute die Methoden der Sanierung, die sich im Verlauf der Arbeiten geändert haben. Während zu Beginn die gefundenen Malereien ergänzt und übermalt wurden, um einen möglichst originalgetreuen Raumeindruck zu erhalten, ging man im weiteren Verlauf behutsamer vor, um die Originalsubstanz nicht zu verdecken. Ein Besuch des Hornmoldhauses lohnt sich folglich aus vielerlei Gründen, da es viele Aspekte zur Architektur- und Regionalgeschichte zu entdecken gibt.
Letztendlich gab die Sanierung des Hornmoldhauses auch den Ausschlag über den Erhalt weiterer baufälliger Gebäude in der Altstadt nachzudenken, so dass in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Fachwerkhäusern saniert wurde, die heute den Charme der Altstadt ausmachen und einen Stadtrundgang besonders lohnend machen.
Dr. Catharina Raible, Leiterin des Stadtmuseums Hornmoldhaus
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Schöne Aussicht für den Mai:
Genießen Sie im Rahmen des Kunst-Abos eine exklusive Führung durch das Hornmoldhaus mit der Museumsleiterin Dr. Catharina Raible.
Buchungsnummer: 5710, Stadtmuseum Hornmoldhaus, 13.05.22, 14.30 Uhr