Drei Fragen an drei Personen
Michael Wenger, Dr. Katja Nellmann und Tobias Bednarz
Zum Kunst-Angebot der neuen Saison hat die KULTUR-Redaktion Michael Wenger, Leiter des Kunst-Büros der Kulturgemeinschaft, und die für die Kulturgemeinschaft tätigen KulturvermittelerInnen Dr. Katja Nellmann und Tobias Bednarz befragt.
Das neue Jahresprogramm der Kulturgemeinschaft bietet in über 120 Kunst-Veranstaltungen wieder eine Vielzahl an Themen, Führungen, Kunsterlebnissen und exklusiven Kunstreisen an. Dazu haben wir drei Fragen an Sie:
Gibt es darin einen Programmpunkt, der Ihnen besonders gefällt?
Dr. Katja Nellmann: "Ben Willikens in St. Hedwig". Ben Willikens, der u.a. im Sitzungssaal der Daimler Zentrale ein monumentales Wandbild geschaffen hat, gehört für mich zu den spannendsten Künstlern der Gegenwart.
Tobias Bednarz: Die "Bau-Geschichte(n)" sind ein spannendes Format. Eines der wichtigsten Dinge, das ich im Studium gelernt habe, ist das genaue Hinsehen. Damit hat sich natürlich auch der Blick auf meine gebaute Umgebung stark verändert und ich habe viele Stuttgarter Orte – die ich dachte, gut zu kennen – plötzlich mit ganz anderen Augen gesehen. Michael Wengers Architekturrundgänge durch die verschiedenen Stadtbezirke laden genau zu solch neuen Entdeckungen ein. Und ich werde mich von seinem Angebot sicherlich auch für den ein oder anderen privaten Spaziergang inspirieren lassen…
Michael Wenger: Da ich die Malerei der Präraffaeliten besonders schätze, freue ich mich sehr, dass Tobias Bednarz sich dem einzigartigen Perseus-Zyklus von Edward Burne-Jones im Rahmen des Kunst-Abos in der Staatsgalerie widmet.
Was ist für Sie das Highlight im eigenen Programmangebot?
Dr. Katja Nellmann: Die Besichtigung der Villa Rustica in Lauffen im Juni 2023. Ich beschäftige mich seit Jahren mit den Römern in Württemberg und möchte diesen Schwerpunkt in den nächsten Jahren ausbauen. Gestern bin ich vom Besuch der grandiosen Landesausstellung "Der Untergang des römischen Reiches" in Trier zurückgekommen.
Tobias Bednarz: Das Schauwerk Sindelfingen widmet dem deutschen Maler Ben Willikens derzeit eine umfassende Retrospektive, die man sich unbedingt ansehen sollte! Ich nutze diese Gelegenheit und beschäftige mich im aktuellen Programm intensiver mit Willikens‘ Werk, das seit mittlerweile fünf Jahrzehnten unterschiedlichste Aspekte des Phänomens ‚Raum‘ thematisiert. Ein Highlight ist dabei sicherlich mein Kunsterlebnis "Gestaltete ‚Räume‘. Ben Willikens im Museum und in Situ“ Ende Oktober, bei dem wir neben der Ausstellung im Schauwerk auch eine der ortsgebundenen Arbeiten des Künstlers in Stuttgart – sein illusionistisches Altarbild in St. Hedwig – besichtigen werden.
Michael Wenger: Das ist nicht einfach zu beantworten, da ich meine Programmpunkte allesamt sehr schätze … Aber es sind wohl die beiden Kunsterlebnisse „Glanz des Rokoko“ im Ludwigsburger Schloss und „Renaissance in Stuttgart – vom „Auftrumpfen““. Beide führe ich mit lieben Kolleginnen durch, so dass die Themen interdisziplinär dargestellt werden können.
Was ist für Sie das kulturelle Highlight in diesem Jahr?
Dr. Katja Nellmann: Der Besuch der "Venezianischen Messe" in Ludwigsburg. Die Miniaturversion der "Venezianischen Messe" im Keramikmuseum zeigt deutlich, welche wirtschaftlichen Aspekte Herzog Carl Eugen bewogen haben, diese Tradition ins Leben zu rufen.
Tobias Bednarz: Nachdem es pandemiebedingt die vergangenen beiden Jahre ja leider relativ ruhig war, bin ich jetzt fast überfordert von der Vielzahl an Veranstaltungen, die man nicht verpassen möchte. Die internationale Tagung zur Künstlerin Gego im Kunstmuseum Anfang April, Lars Eidinger als Jedermann bei den Salzburger Festspielen und mein Documenta-Besuch gehörten sicherlich zu den bisherigen Highlights in diesem Jahr. Als nächstes freue ich mich auf Wagners Siegfried in Stuttgart und einen Ausflug zur großen Mondrian-Ausstellung in der Fondation Beyerle. Mal sehen, ob es beides auch auf meine Highlight-Liste schafft.
Michael Wenger: Leider wurde die Vorstellung der „Teufel von Loudun“ in der Staatsoper München coronabedingt abgesagt; darauf hatten wir uns ein Jahr lang gefreut. Nun ist es natürlich die Guido-Reni-Ausstellung im Frankfurter Städel. Es gilt, dieses Genie, diesen Mitbegründer der barocken Malerei – endlich – wiederzuentdecken.
Übrigens: Herr Wenger bietet eine Tagesfahrt zur Guido-Reni-Ausstellung an, 26. November 22; 132 €