An Neujahr wollen wir Spaß haben
Drei Fragen an Dan Ettinger
Dan Ettinger ist Chefdirigent der Stuttgarter Philharmoniker und als solcher Generalmusikdirektor der Landeshauptstadt Stuttgart. Am 1. Januar leitet er das Neujahrskonzert der Kulturgemeinschaft mit Tschaikowskys 4. Sinfonie und einer Operetten-Gala. Unser Autor Dietholf Zerweck hat ihn dazu befragt.
Lieben Sie Operette?
Ich kenne nicht so viele. Die guten Operetten mag ich schon. Wenn die Musik genügend Substanz hat, macht das auch Spaß. Für das Neujahrskonzert mit Stücken von Franz von Suppé, Léhar, Kálmán, Robert Stolz und Paul Abraham ist es vor allem die Atmosphäre, die zu diesem Jahresanfang passt. Petra Maria Schnitzer und Peter Seiffert, unsere beiden Solisten, haben die Nummern ausgesucht. Vor einigen Jahren hatte ich in Mannheim schon einmal das Vergnügen, ein ähnliches Programm zu dirigieren und damals waren mir diese Sachen vorher total unbekannt. Eigentlich sind die Lieder und Duette aus der »Csárdásfürstin «, der »Blume von Hawaii« oder dem »Land des Lächelns« sogar bezaubernd. Hauptsache es macht Spaß. Am 1. Januar wollen wir Spaß haben.
Sie haben mit Petra Maria Schnitzer und Peter Seiffert schon öfter musiziert. Was schätzen Sie an den beiden?
Mit Peter habe ich schon »Otello« in Wien gemacht und hier mit den Stuttgarter Philharmonikern den ersten »Walküre«-Akt und den zweiten Akt von »Parsifal«. Petra hat in meinen ersten Berliner Jahren als Kapellmeister die »Tannhäuser«-Elisabeth gesungen. Es ist jedes Mal eine Riesenfreude, mit ihnen zusammen zu musizieren. Peter hat eine solch natürliche Stimme mit einem alles überstrahlenden Glanz, das gibts heute fast gar nicht mehr. Es ist auch immer die Frage: Was spielt man für so ein Neujahrskonzert? Entweder nur Werke der Strauß-Familie und nur Operette, oder auch einen spannenden Kontrast? Eine dramatische Tschaikowsky- Sinfonie wie die Vierte passt da sehr gut. Zwei Hälften Rumtata-Musik würde ich nicht so gern machen, das wäre für mich zu uninteressant. Aber seriös und grandios gleichzeitig, das geht.
Sie sind seit fünf Jahren Chefdirigent der Stuttgarter Philharmoniker. Ist es für Sie mit dem Orchester eine Herausforderung, innerhalb eines Konzerts von Tschaikowsky auf leichte Muse umzuschalten?
Wir spielen überhaupt viele Programme, in denen die Diversität einen großen Anteil hat. Das gehört zur Personalität des Orchesters, diese Flexibilität gehört zu unserer Arbeit. Die herausragende Qualität der Stuttgarter Philharmoniker spüre ich mehr denn je: dass es »mein« Orchester ist. Auch wenn ich mal zwei Monate weg bin, ist das immer von neuem begeisternd: Wie das Orchester klingt, wie es phrasiert, das ist unsere gemeinsame Sprache. Das spüre ich in der fünften Spielzeit noch viel mehr als in der zweiten oder dritten. Es ist diese Selbstverständlichkeit, diese Verantwortlichkeit jedes einzelnen Mitglieds des Orchesters, Teil unseres Musizierens zu sein.